Nina Mitterdorfer und Fabian Liebel haben eines der brisantesten Themen des Jahres unter die Lupe genommen.
In einer bislang kaum beachteten Entscheidung des EuGH im Februar 2019 hat der Gerichtshof den Begriff der journalistischen Tätigkeit weit ausgelegt und ausgesprochen, dass beispielsweise das Filmen von Polizeibeamten bei Ausübung der amtlichen Tätigkeit und die anschließende Veröffentlichung des Videos auf Youtube als journalistische Tätigkeit iSd Art. 9 der Datenschutzrichtlinie angesehen werden kann (C‑345/17). Dieses weite Verständnis, dass auch private Recherchetätigkeiten und Veröffentlichungen unter den Begriff der journalistischen Tätigkeit fallen, wird unzweifelhaft auch unter dem Regime des nunmehr geltenden Art 85 DSGVO gelten.
Durch das Internet können Privatpersonen mit geringem finanziellem Aufwand „investigativ journalistisch“ tätig werden und dabei eine große Leseranzahl erreichen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellt sich jedoch die Frage, ob eine solche private journalistische Tätigkeit (beispielsweise bei „aufdeckerischen“ Artikeln im Zusammenhang mit [behaupteten] „Tierfabriken“ oder [behaupteten] politischen Machenschaften) datenschutzrechtlich überhaupt zulässig ist.
Gemäß Artikel 85 DSGVO haben die Mitgliedsstaaten dafür zu sorgen, dass der Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang steht.
In Österreich werden journalistische Tätigkeiten nur sehr eingeschränkt vom Anwendungsbereich der DSGVO ausgenommen. Denn gem. § 9 DSG genießen nur Medienunternehmen oder Mediendienste dieses sogenannte „Medienprivileg“. Somit unterliegt beispielsweise das Publizieren auf einem privaten Blog nicht dem Medienprivileg, und ist von der DSGVO vollumfänglich erfasst.
Das bedeutet aber nicht, dass damit eine (andere) journalistische Tätigkeit per se die DSGVO verletzten würde, bzw. nur Medienunternehmen und -dienste persönliche Daten recherchieren und publizieren dürfen. Vielmehr ist die jeweilige journalistische Tätigkeit anhand der DSGVO zu prüfen. Um die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zum Zweck der journalistischen Tätigkeit zu argumentieren, könnte Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO herangezogen werden. Gem. Art 6 Abs.1 lit. f DSGVO ist die Datenverarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (des „Privatjournalisten“) dann und insoweit gerechtfertigt, als die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der von der Recherche und Veröffentlichung betroffenen Person (insbesondere also die Privatsphäre) gegenüber den berechtigten Interessen des „Privatjournalisten“ nicht überwiegen. Im konkreten Anlassfall wäre daher vom „Privatjournalisten“ zu argumentieren, dass seine Meinungs- und Informationsfreiheit das Interesse des Betroffenen an seiner Privatsphäre überwiegt. Ähnlich dürften laut Medienberichten die Hersteller des „Ibiza-Videos“ argumentieren.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten:
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